Leseinsel
Die Förderung der Lesekompetenzen im Rahmen der Leseinsel im offenen Ganztag
Die Lesekompetenz gehört neben der Schreibkompetenz und dem Rechnen zu den Grundfertigkeiten, die in der Grundschule erworben werden und auf den weiterführenden Schulen ausgebaut werden sollen. Sie gilt als Basis für den Erwerb weiterer Kompetenzen wie
z. B. der Kommunikationsfähigkeit und der Fähigkeit sich Wissen selbstständig zu erschließen. Auch im Alltag stellt die Fähigkeit des Lesens in unserer Gesellschaft eine unverzichtbare Kompetenz dar. Lesekompetenz kann daher als eine der wichtigsten Schlüsselqualifikationen bezeichnet werden. In den letzten Jahren diagnostizierten verschiedene Studien eine sinkende Lesekompetenz bei Kindern und Jugendlichen. Nicht zuletzt die PISA- und IGLU-Studien zeigten, dass deutsche Jugendliche lediglich über eine durchschnittliche Lesekompetenz verfügen. Besonders auffällig waren dabei auch die großen Unterschiede zwischen den leistungsschwächsten und leistungsstärksten SchülerInnen. Auch an der Wieschhofschule konnten wir diese schwankenden Lesekompetenzen beobachten. In der Grundschule aber auch in den weiterführenden Schulen sollte der Leseförderung daher ein hoher Stellenwert zukommen. Von besonderer Bedeutung erscheint in der Hinsicht auch die Förderung der Lesemotivation, denn Kinder, die nur über geringe Lesekompetenzen verfügen, lesen häufig nur ungern und selten freiwillig. Dadurch verkümmern ihre Lesekompetenzen immer weiter, denn Lesen kann nur durch Lesen gelernt werden. Aufgrund des besonderen Stellenwertes des Lesens soll an der Wieschhofschule das Lesen auch über den regulären Unterricht hinaus im Rahmen der OGGS gefördert werden. Dies erscheint von besonderer Bedeutung, da viele der OGGS-Kinder einen Großteil ihrer Freizeit im offenen Ganztag verbringen. Zudem verfügt eine zunehmende Anzahl von Kindern im häuslichen Bereich weder über die notwendigen Lesevorbilder noch über ansprechende Bücher oder einen Büchereiausweis. Die Förderung des Lesens im offenen Ganztag erscheint daher auch hinsichtlich des Ausgleichs sozialer Benachteiligungen von Bedeutung. Gemeinsam mit Schulleitung, Lehrkräften und dem OGGS-Personal wurde daher das Konzept der Leseinsel entwickelt. Es setzt insbesondere im Bereich der Entwicklung einer positiven Einstellung zum Lesen und der Förderung des Interesses an Büchern und Literatur an. Die Freude der Kinder am Lesen soll geweckt, ausgebaut und langfristig gefestigt werden. Bei Kindern, die freiwillig viel und gerne lesen, entwickelt sich die notwendige Lesekompetenz dann quasi „nebenbei“.
Organisatorische Rahmenbedingungen
Die Leseinsel stellt einen Ort dar, an dem zum einen durch die nötige Ruhe und eine entspannte und gemütliche Atmosphäre und zum anderen durch eine Vielzahl motivierender Bücher und Hörbücher aus verschiedenen Sach- und Themenbereichen, Kinder angeregt werden sollen, zu Lesen und sich mit Büchern zu beschäftigen. Das breite Buchangebot bildet dabei gleichzeitig die Grundlage für die Ausbildung des interessengesteuerten Lesens.
Basis der Leseinsel stellt ein Holzpodest dar, das mit Regalen vom übrigen Raum klar abgetrennt ist. Durch diese Abtrennung entsteht gleichzeitig die nötige Ruhe. Durch Kissen und Decken wird eine Wohlfühlatmosphäre geschaffen, in der die Kinder beim Lesen sitzen aber auch liegen können. Die Leseinsel ist zudem mit einem CD-Spieler ausgestattet, mithilfe dessen die Kinder Hörbücher hören können. Die Berücksichtigung von Hörbüchern erscheint uns wichtig, um jüngere Kinder und Kinder mit geringen Lesekompetenzen für Literatur zu begeistern. Durch die Unterstützung der Gelsenwasser-AG konnte das Holzpodest durch Bücherregale erweitert und gemütlich gestaltet werden. Zudem konnten durch die finanzielle Unterstützung viele motivierende Bücher aus unterschiedlichen Themenbereichen angeschafft werden, die in den Bücherregalen für die Kinder ansprechend präsentiert werden. Bei der Auswahl der Bücher durften die Kinder des offenen Ganztags entscheidend mitbestimmen und darlegen, welche Bücher und Themenbereiche sie besonders interessieren. Zudem unterstützte die katholische Bücherei die Buchauswahl, in dem sie ein breites Auswahlspektrum präsentierte. Dabei berücksichtigten wir auch, dass die Kinder sehr unterschiedliche Vorerfahrungen mitbringen und ihre Entwicklungsstände weit auseinandergehen.
Die Bücher sind auf Wunsch der Kinder nicht alphabetisch nach Autoren, sondern nach Themen geordnet. Kinder, die sich für einen bestimmten Bereich interessieren können auf diese Weise leicht verschiedene Bücher zu ihrem Thema finden und sich in diese vertiefen. Gleichzeitig sind die Bücher nach den verschiedenen Lesekompetenzstufen geordnet, sodass alle Kinder vom ersten bis zum vierten Schuljahr angemessene Bücher finden können. Um auch Kindern, die über geringere Lesekompetenzen verfügen einen Zugang zu Büchern und zum Lesen zu ermöglichen, stellt die Leseinsel gleichzeitig auch einen Platz zum Vorlesen und Zuhören dar, der auch dem Austausch über das Gehörte oder Gelesene dient. Sie ist ein Ort, wo die Kinder gerne hingehen, sich dort wohl fühlen und gerne verweilen wollen.
Die Leseinsel kann von den Kindern während der gesamten OGGS-Zeit frei genutzt werden. Zudem bieten Erzieher und Lehrkräfte im Rahmen der Leseinsel spezifische Angebote zur Leseförderung an. Während der Unterrichtszeit steht die Leseinsel Klassen und Kleingruppen zur Leseförderung zur Verfügung, z. B. im Rahmen von Lesemütter-Projekte.
Selbstständige Nutzung der Leseinsel während der OGGS-Zeit
Die selbstständige Nutzung der Leseinsel stellt den Kernaspekt des Konzeptes dar. Die Kinder entscheiden selbst, wann sie die Leseinsel nutzen wollen, wie lange sie auf der Leseinsel verweilen und welches Buch sie lesen möchten. Bei der Nutzung sind von den Kindern einige Regeln einzuhalten. Diese Regeln werden ihnen auf einem Regelplakat verdeutlicht. Um die gemütliche und ruhige Atmosphäre zu wahren, dürfen maximal fünf Kinder gleichzeitig die Leseinsel nutzen. Ein entsprechendes Magnetsystem verdeutlicht, wie viele freie Plätze noch auf der Leseinsel vorhanden sind. Jedes Kind verfügt über ein eigenes Lesezeichen, mithilfe dessen es in dem gelesenen Buch markieren kann, an welcher Stelle es sich befindet. Zudem kann es sein Buch in einer eigenen Ablage ablegen, damit es jederzeit weiterlesen kann.
Angeleitete Nutzung der Leseinsel durch Lehrkräfte und Erzieher
Ergänzend zur selbstständigen Nutzung der Leseinsel bieten Lehrkräfte und Erzieher den Kindern zu ausgewiesenen Zeiten spezifische Angebote auf der Leseinsel an. Zum einen dient diese angeleitete Nutzung der Leseinsel zum Kennenlernen der Angebote. Besonders Kinder, die über keine oder nur geringe Erfahrungen mit Büchern verfügen, erhalten Hilfestellungen bei der Auswahl eines angemessenen Buches und Ideen und Anregungen für Themen, die sie interessieren. Der persönliche Bezug im Rahmen einer sehr kleinen Gruppe motiviert Kinder mit großen Schwierigkeiten beim Lesen zusätzlich sich an ein Buch heranzuwagen und dies mit der Unterstützung einer vertrauten Person zu lesen. Lesehemmungen und –abneigungen können auf diese Weise abgebaut werden. Ziel ist dabei immer, die Kinder dauerhaft zum Weiterlesen auch ohne persönliche Unterstützung anzuregen. Zusätzlich werden auf der Leseinsel kleine Leseprojekte zu ausgewählten Büchern angeboten. Im Rahmen dieser Projekte arbeitet eine Kleingruppe an einem gemeinsamen Buch, liest dieses und führt verschiedene Aufgabenstellungen dazu durch. Diese Aufgaben reichen von gestalterischen und künstlerischen Aufgaben über szenisches Spiel bis hin zum kreativen Schreiben. Dabei dürfen die Kinder grundsätzlich selbst entscheiden, in welche Richtung das Angebot gehen soll.